Presseartikel aus 2023
Das Pressearchiv hält eine Vielzahl interessanter Berichte für Sie bereit.
Eine Wissenschaftlerin und vier Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gehören zu den am häufigsten zitierten Forscherinnen und Forschern der Welt: MHH-Professorin Dr. Yang Li, Professor Dr. Johann Bauersachs, Professor Dr. Marius Hoeper, Professor Dr. Thomas Thum und Professor Dr. Thomas Werfel gehören zu dem weltweit einflussreichsten Forschenden. Das ergab die aktuelle Analyse der wissenschaftlichen Veröffentlichungen, durchgeführt vom Unternehmen Clarivate Analytics. Die jährlich neu erstellte Liste „Highly Cited Researchers“ zeigt, welche Publikationen der jeweiligen Fachdisziplin zu dem einen Prozent zählen, die am meisten zitiert wurden.
In Deutschland sterben etwa 65.000 Menschen pro Jahr am plötzlichen Herztod. Eine häufige Ursache ist Kammerflimmern. Diese lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung kann durch einen Defibrillator beendet werden. Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) gehört zu den Pionieren bei der Implantation von Defibrillatoren. Vor fast 40 Jahren war die MHH die erste Klinik in Deutschland, an der die Implantation eines Defibrillators sofort vollständig gelang. Über die Jahre entwickelte sich die Technologie immer weiter. Jetzt implantierte ein Team des Hannover Herzrhythmus Centrum der MHH-Kardiologie deutschlandweit erstmals ein neuartiges System. Bei dem Extravascular Implantable Cardioverter Defibrillator (EV-ICD) namens Aurora sitzt die Elektrode unter dem Brustbein. Das schafft für bestimmte Patientinnen und Patienten Vorteile.
Wenn das Herz zu langsam schlägt, kann der Einsatz eines Herzschrittmachers notwendig sein. Das Gerät funktioniert wie ein Taktgeber, der den Herzschlag wieder in einen normalen Rhythmus bringt. Die Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) bietet als eine der ersten Kliniken in Deutschland die Implantation des neuen innovativen Herzschrittmachers AVEIR VR an. Das Modell ist mit vielen Vorteilen verbunden: Es hat keine Elektroden, es kann optimal im Herzen positioniert werden und es hat eine sehr lange Lebensdauer.
Beim Bluthochdruck, der arteriellen Hypertonie, ist der Druck in den Gefäßen, die das Blut vom Herzen zu den Organen leiten, chronisch erhöht. Die Erkrankung kommt in den Industrieländern sehr häufig vor. In Deutschland leidet mehr als jeder Vierte an arterieller Hypertonie, hat also dauerhaft einen Blutdruck von mindestens 140/90 mmHg. Nach neueren Untersuchungen sind sogar schon knapp fünf Prozent der Schüler betroffen. Laut einer Studie von 2021 hat sich die Zahl der Menschen mit Bluthochdruck seit 1990 verdoppelt: auf 1,3 Milliarden weltweit. Und fast die Hälfte der Betroffenen weiß nichts von einer Erkrankung.
Prof. Bauersachs war Ende Oktober als Experte zu Gast im ESC TV TODAY und hat dort über Peripartale Kardiomyopathie (kurz PPCM) gesprochen.
Wie wird PPCM diagnostiziert und behandelt? Können Frauen mit PPCM eine weitere Schwangerschaft planen?
Im Gespräch mit Prof. Elliott geht Prof. Bauersachs auf die wichtigsten Aspekte der aktuellen Behandlungsleitlinien ein.
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Viele Frauen klegen in oder nach einer Schwangerschaft über Kurzatmigkeit, Müdigkeit und geschwollene Beine. Diese Symptome sind nicht ungewöhnlich, können jedoch auf eine häufig unentdeckte Erkrankung hinweisen: die sogenannte peri- oder postpartale Kardiomyopathie (PPCM). Diese schwangerschaftsbedingte Herzschwäche entwickelt sich bei zuvor herzgesunden Frauen wenige Wochen vor, während oder nach der Geburt.
Ein Team der Arbeitsgruppe für Molekulare Kardiologie um Leiterin Privatdozentin Dr. Melanie Ricke-Hoch und Funktionsoberarzt Privatdozent Dr. Tobias Pfeffer will aktuell herausfinden, wie Schwangere mit einem erhöhten PPCM-Risiko möglichst früh identifiziert werden können, um die Entstehung einer Herzschwäche zu verhindern oder die Erkrankung zumindest rechtzeitig zu behandeln. Die Forschenden nehmen dabei den Fettstoffwechsel in den Blick, der eine wichtige Rolle für den Krankheitsverlauf spielen könnte. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft über drei Jahre mit mehr als einer halben Million Euro gefördert.
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Ein COFONI-Forschungsprojekt unter Leitung der MHH untersucht die Rolle der Mitochondrien in Herzmuskelzellen nach einer SARS-CoV-2-Infektion.
Forschende der MHH wollen den veränderten Fettstoffwechsel bei Patientinnen mit Schwangerschafts-Kardiomyopathie (PPCM) untersuchen und neue Biomarker für Diagnose und Therapie finden.
Die MHH-Kardiologie beteiligt sich am bundesweiten Projekt ACRIBiS zur besseren Risikobewertung dank strukturierter und standardisierter Daten.
Die Digitalisierung im Gesundheitssektor soll die Versorgung von Patientinnen und Patienten verbessern und die Arbeitsabläufe in Kliniken und Praxen vereinfachen. Dieses Ziel verfolgt auch das großangelegte Projekt ACRIBiS. Dabei wollen 15 deutsche Forschungseinrichtungen gemeinsam die personalisierte Risikobewertung für Herz-Kreislauferkrankungen voranbringen und die Prävention, Diagnostik und Therapie dieser Erkrankungen verbessern. ACRIBiS ist ein Anwendungsprojekt der Medizininformatik-Initiative (MII) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das Universitätsklinikum Bonn hat die Gesamtkoordination inne. Die Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) übernimmt gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Würzburg die Co-Koordination.
Standardisierte und strukturierte Datenerhebung
„Um das persönliche Risiko beispielsweise für einen Herzinfarkt abzuschätzen, findet man für jeden Patienten und für jede Patientin viele Daten, Werte und Bilder in unterschiedlichen Systemen und Unterlagen. Es gibt aber bisher kein Tool, in dem das alles vollständig und strukturiert hinterlegt ist und abgerufen werden kann“, gibt Professor Dr. Udo Bavendiek, Oberarzt der Klinik für Kardiologie und Angiologie der MHH, ein Beispiel für die aktuelle Situation. Er ist verantwortlich für die klinische Koordination aller Partner im Gesamtprojekt und für ACRIBiS am Standort Hannover und möchte diese missliche Lage ändern. Im Rahmen des Projekts sollen klinische Daten von bundesweit insgesamt 4.500 Patientinnen und Patienten standardisiert und strukturiert erfasst werden. Dadurch soll zukünftig die klinische Arbeit erleichtert werden und ein neuer, über alle Standorte vergleichbarer Datensatz entstehen, der genauere Risikobewertungen und detaillierte Analysen für eine Verbesserung der Krankenversorgung und wissenschaftliche Projekte ermöglicht.
Betroffene werden eingebunden
Die Daten werden in allen beteiligten kardiologischen Kliniken erhoben. „Wir hier in der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie wollen die Risikoparameter direkt bei der Anamnese der Patientinnen und Patienten erfassen“, erläutert Professor Bavendiek. Risikoparameter für Herz-Kreislauferkrankungen sind beispielsweise Blutdruck, Blutzucker, Tabakkonsum, Cholesterin und Körpergewicht. Erhoben werden aber noch viele weitere Dinge. Dabei sind die Patientinnen und Patienten aktiv eingebunden – sie sollen auf einem Tablet selbst Fragen zu ihrer Gesundheit beantworten. Alle Daten werden vom Arzt oder von der Ärztin validiert und definierte Textbausteine werden automatisch in den Arztbrief eingefügt – eine große Arbeitserleichterung für die Behandelnden. „Weniger ‚Textarbeit‘ bedeutet mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten“, betont Professor Bavendiek. Die strukturierte Anamnese hat aber auch Vorteile für die Patientinnen und Patienten. Mit den Daten ist eine bessere individuelle Risikobewertung für Erkrankungen möglich. „Darüber hinaus können wir ihnen auch grafisch zeigen, um wie viel Prozent sie das Risiko beispielsweise durch eine Lebensstiländerung verringern können“, erklärt Professor Bavendiek. So werden die Betroffenen motiviert, selbst etwas für ihre Gesundheit zu tun.
Patientenversorgung verbessern
Die klinischen Daten werden an den einzelnen Standorten nicht nur strukturiert und standardisiert erfasst, sondern darüber hinaus auch mit sogenannten Biosignalen wie dem Elektrokardiogramm (EKG) verknüpft. Diese Zusammenführung macht die Risikoabschätzung noch präziser. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz sollen Muster erkannt und Informationen gewonnen werden, die Ärzte und Ärztinnen nutzen können, um die Prävention, Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems zu verbessern. Außerdem erhoffen sich die Forschenden von dem Projekt auch gänzlich neue Erkenntnisse über die Erkrankungen.
Kliniker und Informatiker arbeiten zusammen
In dem bundesweiten Projekt arbeiten Kliniker und Informatiker eng zusammen. An der MHH ist das Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Kooperationspartner. „Bevor die Patientendaten erhoben werden, müssen wir die technische Infrastruktur dafür schaffen“, sagt Dr. Matthias Gietzelt, Leiter des Medizinischen Datenintegrationszentrums an der MHH. „Dabei nutzen wir natürlich auch die schon vorhandenen Strukturen der Medizininformatik-Initiative.“ So wie in Hannover werden an allen teilnehmenden Standorten IT-Strukturen geschaffen, in denen die Daten so hinterlegt werden können, dass am Ende standortübergreifend dieselben automatisierten Risikobewertungen und komplexen Analysen möglich sind. ACRIBiS hat Ausweitungspotenzial. „Bei dem Projekt geht es zwar um Herz- und Kreislauferkrankungen, die Vorgehensweise und die Erfahrungen können aber sicher auch auf andere klinische Fächer übertragen werden“, ist sich Professor Bavendiek sicher. Das BMBF fördert ACRIBiS mit insgesamt rund neun Millionen Euro über einen Zeitraum von vier Jahren.
Der Kurztitel ACRIBiS steht für „Advancing Cardiovascular Risk Identification with Structured Clinical Documentation and Biosignal Derived Phenotypes Synthesis”.
Herz-Kreislauf-Patienten dank digitaler Lösungen besser versorgen: Wie das gelingen kann, untersucht das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Großprojekt CAEHR. Ein Interview mit Professor Dr. Udo Bavendiek, klinischer Leiter des BMBF-Projekts, über Chancen und Herausforderungen.
Digitale Zukunftslösungen_Bavendiek_Herz heute 2023
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Krankhafte Veränderungen des Herzrhythmus frühzeitig erkennen – dabei können sogenannte Wearables helfen. Die digitalen Anwendungen zeichnen den Herzrhythmus auf – und leiten die Daten teilweise sogar an den Arzt weiter. Dieser kann die übermittelten Werte aus Smartphone und Smartwatch auslesen und entsprechend reagieren. Was der digitale Herzschutz leisten kann.
Früh erkennen rechtzeitig handeln_Hillmann et al_Herz heute 2023
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Einrichtung in der Kardiologie der MHH bietet innovative Technik zur Diagnostik und Therapie von Rhythmusstörungen / Team behandelt 1000 Patienten im Jahr
Von Susanna Bauch, Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 03.02.2023
Manuel Markworth hat schon ein knappes Dutzend Herzoperationen hinter sich, darunter drei Schrittmacher. Der 33-jährige Einzelhandelskaufmann aus der Region leidet unter einem angeborenen Herzfehler, seit seiner Geburt ist er regelmäßig Patient in der Kardiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Eigentlich kommt Wohlfahrt mit seiner Einschränkung ganz gut zurecht. Aber kurz vor Weihnachten hat er sich nach einem Fußballspiel mit Freunden plötzlich schlecht gefühlt – Schulterschmerzen, ein tauber Arm und vor allem mit einem Wert von 200 ein rasend hoher Puls.
Dass er diesmal um einen weiteren offen-operativen Eingriff herumgekommen ist, verdankt Wohlfahrt einem hochmodernen neuen Elektrophysiologielabor an der MHH. Dabei handelt es sich um ein Herzkatheterlabor speziell für Patientinnen und Patienten mit Herzrhythmusstörungen. In Deutschland leiden nach Schätzung der Herzstiftung rund zwei Millionen Menschen an Vorhofflimmern, der häufigsten Herzrhythmusstörung.
Behandlung von Vorhofflimmern
Die moderne Anlage bietet alle Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie und darüber hinaus eine innovative Technik zur Behandlung von Vorhofflimmern. Dabei veröden die Kardiologinnen und Kardiologen krankhafte Herzmuskelzellen mithilfe von elektrischen Impulsen.
„Bislang haben wir die kranken Areale mit Kälte und Hitze verödet“, sagt Professor Daniel Duncker, Leiter des Hannover Herzrhythmus Centrums (HHC), einem Bereich der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie unter der Leitung von Professor Johann Bauersachs. Bei der sogenannten Pulsed Field Ablation kommen elektrische Impulse zum Einsatz. „Mit dieser Methode können wir ganz gezielt nur die krankhaften Herzmuskelzellen bekämpfen. Die umliegenden Gewebe, Nerven und Gefäße werden geschont. So können wir auch ausschließen, dass der Zwerchfellnerv oder die Speiseröhre verletzt werden“, erklärt Duncker. Der Kardiologe sieht das Verfahren als großen Gewinn. „Es ist schonender und schneller und bietet damit mehr Sicherheit für unsere Patientinnen und Patienten.“
Für Herzrhythmusstörungen gibt es viele bewährte Therapiemöglichkeiten. Sie reichen von Medikamenten über Katheterablationen, also der Verödung krankhafter Herzmuskelzellen, bis hin zu operativen Maßnahmen wie der Implantation von Herzschrittmachern, Defibrillatoren oder kardialen Resynchronisationssystemen. Bei einer Untersuchung im Elektrophysiologielabor stellen die Rhythmologen und Rhythmologinnen die Art sowie den Mechanismus der Herzrhythmusstörung fest und können – falls nötig – auch direkt eine Therapie vornehmen. Dafür führen sie einen Elektrodenkatheter über ein Gefäß in der Leiste bis in die betreffende Herzhöhle ein.
„Noch präziser lokalisieren“
Im Labor des HHC erfolgt die Untersuchung mithilfe von moderner Magnetfeldnavigation. „Der flexible Katheter tastet die Herzhöhle ab und erstellt eine dreidimensionale Landkarte von ihr“, erklärt Duncker. Ein hochauflösendes 3-D-Mappingsystem verschafft den Behandelnden ein klares Bild von den elektrischen Signalen im Herz. „Es hilft uns, die für die Herzrhythmusstörungen verantwortlichen Bereiche noch präziser zu lokalisieren und zu behandeln“, erläutert Duncker. „Als zertifiziertes Vorhofflimmer-Zentrum sind wir besonders stolz, dass wir im Elektrophysiologielabor zur Therapie von Vorhofflimmern ein ganz neues Ablationsverfahren einsetzen können“, sagt der Professor.
Rund 1000 Patienten und Patientinnen sieht das Team im Jahr. Der Fall von Manuel Markworth ist sehr speziell und eine besondere Herausforderung. „Er benötigt einen Defibrillator sowie einen Schrittmacher zugleich“, sagt Duncker. Im 3-D-Modell konnte der Experte die individuelle Anatomie von Markworths Herzen präzise ermitteln und dessen elektrische Signale definieren – wichtige Voraussetzung für den richtigen Ort für die Implantation des Defibrillators.
Kontrolle alle sechs Monate
Ein paar Tage lang musste der 33-jährige Familienvater in der MHH bleiben, zu Silvester ging es nach Hause. „Ich fühle mich eigentlich prima“, sagt er. Alle sechs Monate kommt er zur Kontrolle in die Hochschule – bislang war meistens alles in Ordnung. „Nur Ausdauersport kommt für mich nicht infrage.“
Interdisziplinäres Team aus Herzchirurgen und Kardiologen macht gute Erfahrungen mit einer Prothese, die über die Herzspitze implantiert wird.
Die Mitralklappe ist eine unserer vier Herzklappen. Schließt sie nicht richtig, sprechen Fachleute von Mitralklappeninsuffizienz. Die Erkrankung ist die zweithäufigste Herzklappenerkrankung im Erwachsenenalter. Je nach Ursache und Schweregrad gibt es verschiedene Behandlungsmethoden – von Medikamenten bis hin zur Reparatur oder zum Ersatz der Klappe. Ein innovatives Verfahren ist die Implantation einer Mitralklappen-Prothese über die Herzspitze. Es eignet sich besonders für Patientinnen und Patienten im fortgeschrittenen Alter oder mit Vorerkrankungen. Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) wendet die neue Behandlungsmethode als einzige Klinik in der Region Hannover an. Umgesetzt wird das Verfahren von einem interdisziplinären Team der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, der Klinik für Kardiologie und Angiologie und der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin.
Rückstauung des Blutes in die Lunge
Herzklappen funktionieren wie Ventile: Sie sorgen dafür, dass der Herzmuskel das Blut in die richtige Richtung pumpt. So gelangt sauerstoffarmes Blut in die Lunge und sauerstoffreiches Blut aus der Lunge in den Körper. Die aus zwei Klappensegeln bestehende Mitralklappe befindet sich zwischen dem linken Vorhof und der linken Hauptkammer des Herzens. Ist sie undicht, kann es zu Rückstauungen des Blutes in die Lunge und auf Dauer zu schweren Schädigungen des Herzens und anderer Organe kommen. Um die Klappenfunktion wieder herzustellen, ist die sogenannte Herzklappenrekonstruktion, also eine Reparatur, eine Behandlungsoption. „Bei Patientinnen und Patienten, für die eine große Operation ein zu hohes Risiko darstellt, weil sie beispielsweise sehr alt oder vorerkrankt sind, hat sich in den vergangenen Jahren die katheterbasierte Reparatur bewährt“, erklärt Professor Dr. Tibor Kempf von der Klinik für Kardiologie und Angiologie. Ein Beispiel dafür ist das MitraClip-System. „Bei dem System wird mithilfe eines Katheters über die Leistenvene ein Clip eingesetzt, der das vordere mit dem hinteren Mitralsegel verbindet und so die Undichtigkeit reduziert“, erläutert Professor Kempf.
Klappenersatz statt Reparatur
Doch es gibt immer wieder Patientinnen und Patienten, für die das MitraClip-System nicht optimal ist. „Darüber hinaus besteht auf lange Sicht das Risiko, dass die Insuffizienz zurückkehrt“, berichtet Privatdozent Dr. Fabio Ius von der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie. Hier setzt das innovative Verfahren an – die Implantation einer Mitralklappen-Prothese durch den transapikalen Zugang. „Transapikal“ bedeutet „über die Herzspitze“. Das interdisziplinäre MHH-Team arbeitet dabei mit der künstlichen Tendyne-Klappe der Firma Abbott, die im Vorhinein jeden Eingriff mithilfe patientenbezogener Bilddaten simuliert und plant. Den Zugang zum Herz schaffen die Experten über einen sechs bis acht Zentimeter langen Schnitt zwischen den Rippen unter dem linken Brustansatz. Über die Öffnung bringen sie mit einem sogenannten Introducer, ein spezielles Katheter-System, die Prothese durch die Herzspitze an ihren Zielort zwischen dem linken Vorhof und der linken Hauptkammer des Herzens. „Wir legen die Prothese in die alte Mitralklappe und öffnen sie dort. Wenn die optimale Position erreicht ist und die neue Klappe gut arbeitet, können wir den Introducer wieder entfernen“, erklärt Dr. Ius. Die Prothese wird mit einer Sehne gehalten, die durch die linke Herzkammer führt und außen in einem an der Herzspitze festsitzenden Pad mündet. Der gesamte Prozess wird mit Hilfe von Bildgebung kontrolliert und gesteuert: Dafür nimmt ein Kardiologe ein Schluckecho vor. „Dabei gewinnen wir über die Speiseröhre hochauflösende Ultraschallaufnahmen der Herzstrukturen. Gleichzeitig nutzen wir auch Röntgenaufnahmen, um eine exakte Einsicht in die Vorgänge zu haben“, erläutert Dr. Dominik Berliner von der Klinik für Kardiologie und Angiologie.
Viele beteiligte Fachrichtungen und Professionen
Der Eingriff muss vom Team sehr gut vorbereitet werden, dauert für den Patienten oder die Patientin im OP-Saal aber nur etwa zwei Stunden. Nach einem Tag auf der Intensivstation folgt normalerweise eine Woche auf der Normalstation. Dann schließt sich ein Aufenthalt in einer Reha-Klinik an. Dr. Fabio Ius sieht das neue Verfahren für bestimmte Patientinnen und Patienten als gute Alternative zum MitraClip-System. „Die Erfahrungen zeigen, dass bei bestimmten Patienten ein anhaltender und vollständiger Ersatz der Mitralklappe erzielt werden kann“, sagt er. Die Mitralklappen-Prothese kann ohne den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine implantiert werden und eignet sich daher besonders für ältere oder vorerkrankte Menschen.
Der Kardiologe Professor Kempf und der Herzchirurg Dr. Ius sind froh, die neue Behandlungsmethode in der MHH anbieten zu können. „Solche Innovationen sind nur umsetzbar, wenn verschiedene Fachrichtungen und Professionen gut zusammenarbeiten“, betont Dr. Ius. An einer Implantation einer Mitralklappen-Prothese über die Herzspitze sind jeweils Fachärzte oder -ärztinnen aus der Herzchirurgie, der Kardiologie und der Anästhesie, Herzkatheterlabor- und OP-Pflegekräfte sowie ein Kardiotechniker beteiligt.
Die Anlage bietet innovative Technik zur Diagnostik und Therapie von Herzrhythmusstörungen. Für Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern steht eine neue Behandlungsmethode zur Verfügung.
An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gibt es jetzt nach aufwendiger Umbauphase ein neues Elektrophysiologie-Labor: Dabei handelt es sich um ein Herzkatheterlabor speziell für Patientinnen und Patienten mit Herzrhythmusstörungen. Die moderne Anlage bietet alle Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie. Darüber hinaus hält sie eine innovative Technik zur Behandlung von Vorhofflimmern, eine der häufigsten Rhythmusstörungen, bereit. Dabei veröden die Kardiologinnen und Kardiologen krankhafte Herzmuskelzellen mithilfe von elektrischen Impulsen. Das neue Labor gehört zum Hannover Herzrhythmus Centrum (HHC). Das HHC ist ein Bereich der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie unter der Leitung von Professor Dr. Johann Bauersachs.
Untersuchung mithilfe von Magnetfeldnavigation
Für Patientinnen und Patienten mit Herzrhythmusstörungen gibt es viele bewährte Therapiemöglichkeiten. Sie reichen von Medikamenten über Katheterablationen, also der Verödung krankhafter Herzmuskelzellen, bis hin zu operativen Maßnahmen wie beispielsweise der Implantation von Herzschrittmachern, Defibrillatoren oder kardialen Resynchronisationssystemen. Das Team des HHC hält die gesamte Bandbreite an Behandlungen bereit. Bei einer Untersuchung im Elektrophysiologie-Labor stellen die MHH-Rhythmologen und -Rhythmologinnen die Art sowie den Mechanismus der Herzrhythmusstörung fest und können – falls nötig – auch direkt eine Therapie vornehmen. Dafür führen sie einen Elektrodenkatheter über ein Gefäß in der Leiste bis in die betreffende Herzhöhle ein. Im Labor des HHC erfolgt die Untersuchung z.B. mithilfe von moderner Magnetfeldnavigation. „Der flexible Katheter tastet die Herzhöhle ab und erstellt eine dreidimensionale Landkarte von ihr“, erklärt Professor Dr. David Duncker, Leiter des HHC. Ein hochauflösendes 3D-Mappingsystem verschafft den Behandelnden ein klares Bild von den elektrischen Signalen im Herz. „Es hilft uns, die für die Herzrhythmusstörungen verantwortlichen Bereiche noch präziser zu lokalisieren und zu behandeln“, erläutert Professor Duncker. Auf einem großen Bildschirm über dem Untersuchungstisch kann das Team den Eingriff live verfolgen und weitere für den Vorgang wichtige Aufnahmen, beispielsweise CT-, MRT-, Röntgen- oder Ultraschall-Bilder, aufrufen.
Katheterablation mit elektrischen Impulsen
„Als zertifiziertes Vorhofflimmer-Zentrum sind wir besonders stolz, dass wir im Elektrophysiologie-Labor zur Therapie von Vorhofflimmern ein ganz neues Ablationsverfahren einsetzen können“, sagt Professor Duncker. Im Gegensatz zu den etablierten Therapieformen, bei denen zur Verödung des krankhaften Herzmuskelgewebes Wärme oder Kälte verwendet wird, kommen bei der sogenannten Pulsed Field Ablation elektrische Impulse zum Einsatz. „Mit dieser Methode können wir ganz gezielt nur die krankhaften Herzmuskelzellen bekämpfen. Die umliegenden Gewebe, Nerven und Gefäße werden geschont. So können wir auch ausschließen, dass der Zwerchfellnerv oder die Speiseröhre verletzt werden“, erklärt Professor Duncker. Der Kardiologe sieht das neue Verfahren als großen Gewinn. „Es ist schonender und schneller und bietet damit mehr Sicherheit für unsere Patientinnen und Patienten.“ Das HHC ist die erste Einrichtung in Hannover, die die Pulsed Field Ablation anbietet.
Neue Möglichkeiten zur kardiologischen Ausbildung
Neben innovativer Technik zur Diagnostik und Therapie von Herzrhythmusstörungen bietet das Elektrophysiologie-Labor auch neues Potenzial zur Ausbildung des kardiologischen Nachwuchses. So ist es möglich, operative Eingriffe aufzuzeichnen und als Fallpräsentation live in den Studierendenunterricht einzubauen. Einen weiteren Vorteil bringt eine 3D-Brille, die der Untersucher oder die Untersucherin während des Eingriffs trägt. In die Brille können nicht nur zusätzliche Informationen wie beispielsweise CT-Aufnahmen angezeigt werden. Sie ist außerdem in der Lage, den Blickverlauf des Trägers aufzuzeichnen und ihn anderen Personen zu zeigen. „Das ist ungemein hilfreich bei der Ausbildung unserer Assistenzärztinnen und -ärzte sowie unserer Hospitantinnen und Hospitanten“, sagt Professor Duncker, dem die Ausbildung der Nachwuchskräfte sehr am Herzen liegt. Das HHC ist zertifiziertes Ausbildungszentrum für Spezielle Rhythmologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.